EU-Projekt: Europa strebt einheitliche Statistiken über Leseverhalten und Übersetzungen an.
Alle Unterschiede im Mapping von Aldus Up. AIE: „Wir wollen eine gemeinsame europäische Methode entwickeln“
Wenn es um Statistiken über die Buchwelt geht, gibt es innerhalb Europas noch große Unterschiede: Von den Lesegewohnheiten bis zur Anzahl der Übersetzungen führt jedes Land unabhängig voneinander Umfragen durch, was es schwierig macht eine Gesamtanalyse der Entwicklungstendenzen vorzunehmen. Das belegen zwei Studien, die am 16. Juni während der Internationalen Jugendbuchmesse Bologna auf der Plattform von Aldus Up, dem Netzwerk Europäischer Buchmessen, kofinanziert vom Creative Europe Programme und unter der Koordination des Italienischen Verlegerverbands (AIE), vorgestellt werden. „Diese Studien“, erklärt Piero Attanasio – Leiter für internationale Angelegenheiten des Italienischen Verlegerverbands (AIE) und Wissenschaftlicher Direktor von Aldus Up, – „sind ein erster Schritt auf dem Weg zu einer gemeinsamen Erhebungsmethode, um in Europa einen Qualitätssprung für die statistische Analyse im Verlagswesen zu erreichen: Einheitliche Daten zu sammeln ist die Voraussetzung für effektive Maßnahmen auf europäischer Ebene, die das Lesen und den Handel mit Übersetzungsrechten zwischen den Ländern fördern sollen.“
Die Studien wurden von der AIE (für die Übersetzungen) und dem Norwegischen Verlegerverband (NPA) mit Unterstützung der Stiftung Germán Sánchez Ruipérez (für das Leseverhalten) und unter Mitwirkung und Koordination des Instituts für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchgeführt. Das Netzwerk des Europäischen Verlegerverbands (FEP) leistete wertvolle Hilfe bei der Erschließung von Datenquellen.
Für die Untersuchungen über das Leseverhalten wurden 24 Umfragen aus 20 Ländern herangezogen: Belgien, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, und, außerhalb der EU, Großbritannien, Norwegen und die Türkei. Am auffälligsten ist das Fehlen einer gemeinsamen Definition von Lesen: einige Länder ziehen nur gedruckte Bücher in Betracht, andere berücksichtigen E-Books und Hörbücher, wiederum andere schließen auch Magazine, Internetseiten und sogar Soziale Netzwerke mit ein. Das Alter der an den Umfragen Teilnehmenden variiert ebenfalls: Neun Umfragen ermitteln die Lesegewohnheiten der Bevölkerung ab dem Alter von 15 aufwärts, in zwei Fällen ab dem Alter von 16 aufwärts, in sechs Fällen werden nur Erwachsene berücksichtigt. Fünf weitere Umfragen richten sich an unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, während in zwei Fällen ausschließlich das Leseverhalten von Kindern erfasst wird. Was die Häufigkeit der Erhebungen betrifft, wird nur in zehn Ländern eine jährliche oder noch häufigere Umfrage unternommen. Es gibt auch Unterschiede in der Methode der Datenerhebung – als persönliche Interviews, in Form von gedruckten oder online durchgeführten Fragebögen, und weitere – und in der Verwendung der Variablen wie Lesehäufigkeit oder Anzahl der gelesenen Bücher.
Im Hinblick auf den Fluss an Übersetzungen sammeln von den 23 untersuchten Ländern (Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Lettland, Litauen, Luxembourg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei) 18 Daten über die Zahl der übersetzten Werke. Von diesen 18 katalogisieren 13 Länder Daten auf der Grundlage der übersetzten Sprache, vier auf der Grundlage der Sprache und des Herkunfts- und Ziellandes, und ein Land ausschließlich auf der Basis des Landes. Weitere Unterschiede in den Erhebungen betreffen literarische Genres und Marktsegmente.
Nur acht Länder führen Umfragen über den An- und Verkauf von Übersetzungslizenzen durch, ein Phänomen, das sich teilweise mit der Anzahl der Übersetzungen überschneidet, das aber grundlegend für die Interpretation von Marktbewegungen ist. Drei dieser Länder erfassen Daten nach dem Herkunfts- oder Zielland, drei nach der übersetzten Sprache, zwei nach beiden Variablen. Das Sprachkriterium jedenfalls reicht nicht aus, um entstehende Trends in Regionen festzustellen, deren Sprache, etwa Englisch, Spanisch oder Französisch, in mehr als einem Land gesprochen wird. Auf der anderen Seite werden weniger häufig gesprochene Sprachen oft zusammengefasst, indem man zum Beispiel Daten für die „nordischen Länder” oder die „slawischen Sprachen” erhebt, die nicht den Reichtum und die Komplexität der europäischen Sprachenvielfalt abbilden.
Um die Buchbranche zu unterstützen, stellt Aldus Up ein globales Verzeichnis von Fördermöglichkeiten für Übersetzungen zur Verfügung (http://www.aldusnet.eu/translation-grants/(Öffnet neues Fenster))
Über Aldus Up
Aldus Up, das Netzwerk Europäischer Buchmessen, hat sich zum Ziel gesetzt Buchmessen aus einer europäischen Perspektive zu verbessern und fördern, den Austausch von Übersetzungsrechten zwischen den Ländern zu stärken und die Internationalisierung der Buchbranche voranzutreiben. 2016 als durch das Creative Europe Programme der Europäischen Union kofinanziertes Projekt gestartet, arbeitet es heute mit 20 europäischen Buchmessen sowie nationalen und internationalen Interessenvertretern aus dem Buchsektor und den Bereichen Forschung und Innovation zusammen.