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Der internationale Hörbuchmarkt ist in den letzten 15 Jahren kontinuierlich gewachsen. Auf der Buchmesse hat sich das Audio-Areal 2024 in seiner Größe fast verdoppelt im Vergleich zum Vorjahr. Was macht ein gutes Hörbuch aus? Welche Entwicklungen zeichnen sich aktuell im Audio-Markt ab? Und wie steht es um den Einsatz von KI-Stimmen? Darüber sprachen wir mit Colin Hauer, CEO von Hörbuch Hamburg.

Colin Hauer, CEO Hörbuch Hamburg

© Hörbuch Hamburg

Herzlichen Glückwunsch! Gleich mehrere Audio-Produktionen von Hörbuch Hamburg und seinen Imprints sind für den Deutschen Hörbuchpreis 2025 nominiert. Was macht aus Ihrer Sicht ein gutes Hörbuch aus? 

Vielen Dank! Wir sind sehr stolz darauf, mit sechs Titeln auf der Longlist des Deutschen Hörbuchpreises 2025 zu stehen, drei davon unter den Finalist*innen, und damit von dem wichtigsten Hörbuchpreis Deutschlands für die Qualität unserer Produktionen wertgeschätzt zu werden. Wir haben einen hohen Anspruch an uns selbst und wollen unseren Kund*innen immer die Gewissheit geben, in unserem Programm bestens aufgehoben zu sein und ihre neuen Lieblingstitel zu finden. Auszeichnungen wie diese machen uns deutlich, dass wir diesen Kurs weiterhin halten – und das fühlt sich sehr gut an. 

Für uns als Verlag ergänzen gute Hörbücher Texte um eine wichtige Ebene. Die stimmliche Interpretation eines Textes macht Emotionen und Atmosphäre hör- und erlebbar. Betonung, Intonation und gezielte Pausen verstärken die Wirkung einer Geschichte: eine wahre Kunstform, die begeistert. 

Einige unserer Longlist-Titel sind dieses Mal Autorenlesungen. Wenn eigene Texte stimmlich umgesetzt werden, wie zum Beispiel bei Hape Kerkeling und Marc-Uwe Kling, kann eine ganz besondere und authentische Verbindung zwischen Inhalt und Lesung entstehen. 

Welche Audio-Trends und Entwicklungen erwarten Sie für 2025? 

Auf die Zukunft des Hörbuchs blicke ich auch in diesem Jahr positiv. Kein Geheimnis ist, dass das Wachstum im digitalen Geschäft stattfindet, während physische Produktionen einen weiteren Rückgang verzeichnen. Dynamisch und somit spannend bleibt es in unserer diversen Verlags- und Handelslandschaft – Überraschungserfolge und Innovationen sind da vorprogrammiert. 

Die Genres, die aktuell sehr populär sind – wie beispielsweise der große Bereich der Romantasy – werden die Trends am Markt weiterhin beeinflussen. Doch es bleibt auch Platz für Neues. 

Spannend werden mit Sicherheit wieder besondere Projekte, die die Wichtigkeit des Zuhörens auf ein neues Level bringen. Etwa, um das Medium Hörbuch mit Themen wie Achtsamkeit, Meditation und kognitiver Weiterentwicklung zu verbinden, wie z. B. in unseren interaktiven akustischen Entdeckungsreisen. 

Außerdem richten wir uns nach unseren Hörer*innen, wenn auf Social-Media-Plattformen wie TikTok Wünsche nach bestimmten Inszenierungsformen lauter werden. Ein Beispiel sind hier Duett-Lesungen, die wir künftig testen und damit hoffentlich eine große Fangemeinde erreichen. 

Wir haben in der deutschen Hörbuchbranche das große Glück, mit vielen talentierten und motivierten Köpfen auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten. Die 40 davon, die ich glücklicherweise mein Team nennen darf, versprechen für 2025 in jedem Fall wieder eines: richtig gute Hörbücher! 

Der Einsatz von KI-generierten Stimmen im Audiobereich wurde zuletzt viel diskutiert. Welche Einsatzmöglichkeiten sehen Sie hier? 

Als Hörbuchverlag fühlen wir uns mittlerweile primär der Digitallandschaft zugehörig und befassen uns neben tollen Stoffen heute sehr engmaschig mit neuen Technologien und Innovationen. 

Aktuell ist KI technisch nicht in der Lage, mit der Qualität ausgebildeter Sprecher*innen mitzuhalten. Das Sprechen ist außerdem Beruf, Berufung und eine Kunst, die wir als Hörbuchverlag enorm wertschätzen. Das Feedback aus der Zielgruppe ist da ebenfalls sehr eindeutig. Ihr und uns gefällt die menschliche Stimme heute noch genau so gut wie schon vor Tausenden von Jahren. 

Einsatzmöglichkeiten von KI sehen wir vielmehr an anderer Stelle, wie z. B. in der Unterstützung unserer menschlichen Kreativität und der Abkürzung von administrativen und technischen Prozessen, wie beim Rausschneiden von störenden Atmern oder der Automatisierung von repetitiven Prozessen. Damit mehr Energie für den aufregenderen Teil unseres Geschäfts bleibt. 

Audio Bereich auf der Frankfurter Buchmesse 2024

© Frankfurter Buchmesse

Bei Frankfurt Audio kommen jedes Jahr Akteur*innen aus dem internationalen Hörbuchmarkt auf der Buchmesse zusammen; Hörbuch-Autor*innen und -Sprecher*innen treffen auf ihre Fans. Gab es besondere Momente oder Ideen und Impulse, die das Hörbuch Hamburg-Team von der letzten Frankfurter Buchmesse mitgenommen hat? 

Für Hörbuch Hamburg war die Frankfurter Buchmesse 2024 ein Highlight in unserem 25. Jubiläumsjahr. Zum ersten Mal konnten wir unseren neuen Messestand präsentieren, der nicht nur die Präsenz des Audiobereichs verstärkte, sondern auch ein einladender Treffpunkt für Verlagsmitarbeitende, Sprecher*innen und Autor*innen war. Vor allem unsere eigenen Stand-Events, wie die „Speakers Corner“ für Sprechende, boten Raum für Austausch – eine wertvolle Ergänzung zur Studioarbeit. 

Die Messe hat uns gezeigt: Sprecher*innen fühlen sich der Buchmesse und ihren Hörer*innen auf ganz besondere Weise verbunden. Auch auf die Fabely-Bühne haben wir – zum ersten Mal gemeinsam mit anderen Hörbuchverlagen – u. a. die Veranstaltung „Stimmen, die begeistern“ gebracht, die die Kunst des Textinterpretierens in Szene setzte. Wer sich hiervon selbst ein Bild machen wollte, konnte in unserer „Soundshower“ in drei Hörbüchern mitwirken und beim Hörbuch-Karaoke erleben, welch beeindruckende Leistung das professionelle Einsprechen von Texten ist. 

Formate und Impulse wie diese möchten wir auch in Zukunft weiterentwickeln, um die anhaltende Begeisterung für das Hörbuch auf den Messen spürbar zu machen. Insgesamt wird das Thema Audio von Jahr zu Jahr auch in Frankfurt sichtbarer – man merkt ganz deutlich, wie sehr sich das Messepublikum genau das wünscht. Mein größtes Learning aus 2024 und mein Plädoyer für 2025 also: mehr Audio wagen! Es lohnt sich.

Vielen Dank für das Interview!

 

Das Interview führte Ines Bachor, PR Managerin, Frankfurter Buchmesse