„Die Einzigartigkeit des Comics: Nur im Comic sind Bild und Text direkt miteinander verwoben."

© Inês Gomes Ferreira
Comic-Zeichner Mikael Ross war beim deutschsprachigen Ehrengast-Auftritt auf der Buchmesse in Brüssel vor Ort. Im Gespräch berichtet er über Perspektivwechsel, die Definition von Heimat und den Roman als literarischen Fluchtort.
Deine Kunst und Literatur sind von verschiedenen Nationalitäten inspiriert. Was bedeutet Wanderlust für dich und deine Werke?
In allen meinen Büchern gab es bisher das Element der verlassenen Heimat und das Ankommen in einer neuen, noch unbekannten Umgebung. In "Der Umfall" zieht die Hauptfigur in eine Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung um, Beethoven wagt in "Goldjunge" den Schritt ins ungewisse indem er von Bonn nach Wien geht. In meinem neuesten Buch geht es um die junge Hoa Binh die von Vietnam in den Westen geschmuggelt wird.
Ich denke das Figuren dann wirklich zeigen wer sie sind, wenn sie sich in Extremsituationen befinden. Da ich ein sehr ortsgebundener Mensch bin, ist für mich das Motiv des Ortswechsels auch mit negativem verbunden. Ich merke beispielsweise vor fast jeder Reise, dass neben Neugier und Vorfreude auch eine Angst im Hintergrund ist.
Du bist auch nicht das erste Mal hier in der Stadt, welche besondere Bedeutung hat Brüssel für dich?
Ich habe ein Jahr lang in Brüssel im Rahmen des Erasmus Programms an der École supérieure des beaux arts Saint-Luc im Département Comics studiert. Es war für mich eine Art Erweckungserlebnis! Das erste Mal war ich unter Gleichgesinnten die auch an dem Medium Comic interessiert waren. Dort lernte ich dann auch den Szenaristen und Zeichner Nicolas Wouters kennen, und wir begannen zusammen den Plan für ein erstes Comic zu schmieden. Daraus wurde dann unser gemeinsames Buch "Les pieds dans le béton". Ich denke es war eines der wichtigsten Jahre meines Lebens. Erst hier habe ich verstanden dass ich das Comic-Zeichnen ernst nehmen kann und muss.
Was fasziniert dich am meisten an Graphic Novels, im Vergleich zu klassischer Literatur?
Mich fasziniert die klassische Literatur tatsächlich sehr! Ich lese viel mehr Romane als ich Comics lese oder Filme ansehe. Das Medium des Romans ist für mich ein echter Zufluchtsort, an dem man auf eine Art und Weise in die Wahrnehmung eines anderen Menschen eintauchen kann, das kein anderes Medium bieten kann. Aber ich könnte trotzdem keinen Roman schreiben. Ich denke immer auch in Bildern und der direkteste Weg für mich ist es damit auch in Bildern zu erzählen. Dazu kommt die Einzigartigkeit des Comics: Nur im Comic sind Bild und Text direkt miteinander verwoben.
Mehr Informationen über Mikael Ross: https://www.avant-verlag.de/artist/mikael-ross/(Öffnet neues Fenster)