“Die Möglichkeit, frei zu sprechen und frei zu veröffentlichen, ist wie Sauerstoff.”
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Zwischen dem 3. (Internationaler Tag der Pressefreiheit) und 10. Mai (Jahrestag der Bücherverbrennungen) 2024 findet die “Woche der Meinungsfreiheit” statt: Eine Initiative des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, der kürzlich gegründeten Freedom of Expression Foundation und der Frankfurter Agenturallianz.
Ziel der Aktionswoche ist es, wichtige Impulse für die gesellschaftspolitische Debatte in Deutschland zu geben und die Bedeutung von Meinungsfreiheit und lebendiger Debatte für eine demokratische Gesellschaft zu unterstreichen.
Auf der Frankfurter Buchmesse kommen jährlich Menschen aus über 100 Ländern zusammen. Wir stellen im Rahmen der „Woche der Meinungsfreiheit” die Perspektiven internationaler Mitglieder der Verlagsbranche ins Zentrum.
Was bedeutet Meinungsfreiheit für Sie persönlich? Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung für die Meinungsfreiheit? Was können Verleger*innen aus aller Welt tun, um die Meinungsfreiheit zu fördern?
In Kooperation mit der IPA (International Publishers Association) haben wir diese Fragen Kolleg*innen aus Indien, der Türkei, Spanien, Italien, UK, Kanada und den USA gestellt und sie hier zusammengebracht.
Nico Pfund, Präsident und Academic Publisher bei Oxford University Press
Was bedeutet Meinungsfreiheit für Sie persönlich?
Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist die eigentliche DNA einer demokratischen Gesellschaft. Dies ist einer der Gründe, warum die derzeitige Aufregung über die Beschränkung von Meinungsäußerung auf dem Campus so große Spannungen hervorruft, quer durch das politische Spektrum. Die Möglichkeit, frei zu sprechen, ohne Angst vor Einschüchterung oder Bestrafung, und frei zu veröffentlichen, ist wie Sauerstoff; wir halten sie für selbstverständlich und erkennen ihren Wert nur allzu oft erst, wenn wir mit ihrem Fehlen konfrontiert werden.
Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung für die Meinungsfreiheit?
Wo soll man anfangen? Es gibt derzeit sehr viele offensichtliche Erscheinungsformen des Illiberalismus, die in direktem Konflikt mit der freien Meinungsäußerung stehen, aber ich bin immer wieder erstaunt über die menschliche Tendenz, extreme Meinungen an den Polen als weitgehend repräsentativ zu betrachten. Diese Tendenz neigt dazu, den Dialog einzuschränken oder zu unterbinden, oft bevor er überhaupt begonnen hat, und wird natürlich durch die sozialen Medien noch verstärkt, was das alte journalistische Sprichwort widerspiegelt: “If it bleeds, it leads.” (sinngemäß: "Blutige Stories eignen sich gut als Aufmacher.”) Ich mache mir auch Sorgen über die "sanfte" Selbstzensur, die sich aus der Angst ergibt, an den Pranger gestellt zu werden, und aus dem starren Beharren darauf, dass man - jenseits der vernünftigen Sorge um kulturelle Aneignung - nur über seine eigenen Erfahrungen schreiben darf (obwohl ich hoffe, dass diese Sorge ein Beispiel dafür sein könnte, dass extreme Positionen als etwas eher Allgemeines dargestellt werden.)
Was können Verleger*innen aus aller Welt tun, um die Meinungsfreiheit zu fördern?
Bekämpfen Sie schädliche, böswillige, voreingenommene oder ideologisch irreführende Äußerungen mit überprüften, von Fachleuten begutachteten Äußerungen, die sich ernsthaft und ohne Umschweife um die Wahrheitsfindung bemühen, insofern sie sich ermitteln lässt.
*Die Antworten wurden von der Frankfurter Buchmesse aus dem englischen Original übersetzt.
Über Niko Pfund
Niko Pfund ist akademischer Verleger und Präsident von Oxford University Press, USA. Er war früher Präsident der Association of University Press und ist bzw. war Mitglied in einer Reihe von Gremien und Beratungsgruppen, u. a. bei der Digital Public Library of America, der Eurasia Group Foundation, dem Executive Council der Professional and Scholarly Publishing Division der Association of American Publishers und The Common (einer Literaturzeitschrift).
Über die Woche der Meinungsfreiheit
Bereits zum vierten Mal setzt sich die „Woche der Meinungsfreiheit“ mit ihrem Programm für Meinungsäußerung und lebhafte Debatten für eine demokratische Gesellschaft ein. Das diesjährige Programm umfasst mehr als 60 Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet.
Weitere Informationen zum Programm und zur Charta der Woche der Meinungsfreiheit finden sie hier. https://www.woche-der-meinungsfreiheit.de/(Öffnet neues Fenster)